Bauen für die Zukunft – Aber bitte nicht mit den Normen der Vergangenheit

Ein Artikel von Fritz Merkle uim Namen des AKK und P4F

Sie wollen bauen? Wenn Sie 2023 in Ihr neues Heim einziehen, dann ist es im Jahr 2050, in dem wir klimaneutral leben wollen – gerade mal 27 Jahre alt. Leider gehört es energetisch dann schon zum alten Eisen und verbraucht etwa 50 kWh/m2 und Jahr – sofern Sie brav nach dem neuen GEG (Gebäude-Energie-Gesetz) gebaut haben. Das sind dann ca. 6500 KWh pro Jahr! Wie? Sie haben doch alles korrekt gemacht und nach dem neuesten GEG Standard gebaut!? Ja, das haben Sie!

Seit November 2020 gilt das neue GEG , das EnEV und EWärme-Gesetz zusammenfasst und die EU-Vorgaben erfüllen soll. Darin wird ein „Niedrigstenergiehausstandard“ definiert. Das hört sich sehr gut an! In Wahrheit ist dieser nach Superlativ klingende Begriff gerade mal der Standard der EnEV 2016 und die Anforderungen an Außenwand sowie Dach sind seit fast 15 Jahren unverändert – schlecht – für Geldbeutel, Behaglichkeit des Bewohners UND für das Klima. Mit „Niedrigstenergiehaus“ meinte man ursprünglich in der EU einen dem Passivhaus angenäherten Standard, die EU sprach 2010 von einem „nearly-zero-energy-building“, also einem „nahezu-null-energie-Haus“. In Deutschland wurde daraus nach jahrelangem Tauziehen ein Minimalkompromiss. Die Verfechter alter, niedriger Standards glauben oder behaupten gebetsmühlenartig, dass höhere Standards zu teuer sind, wo doch die Baukosten in den letzten 10 Jahren sowieso schon explodierten.
Dieses Argument ist schlichtweg falsch! Dazu gibt es zahllose wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass energetisch gut bauen NICHT der Preistreiber ist. Nur eines von zahllosen Beispielen, geplant und betreut von Prof. Feist von der Uni Innsbruck im Sozialwohnungsbau, der auf Mehrkosten von 83 €/m2 kommt, gerade mal 5 % des Gesamtinvestments. Dabei baute er Passivhäuser. In der Abb. 1 von Prof. Schulze-Darup sehen Sie die Mehrkosten bei verschiedenen Standards.  Die Baustoffindustrie ist nämlich längst weiter. Gute Fenster mit niedrigsten Uw -Werten * kosten inzwischen nur wenig mehr als Wärmeschutzfenster alter Qualität. Sie verschwenden aber circa 40 Jahre lang deutlich weniger Energie. Es ergibt also heute aus Kostengründen keinen Sinn, minderwertige Fenster alter Standards einzubauen. Betrachten wir das gesamte Gebäude, so wird das noch deutlicher: An folgender Grafik sehen Sie, dass es gerade mal ca. 40 €/m2 mehr kostet, aus einem KfW 55-Haus ein KfW-40 Haus zu machen. Bei einem 125 m2 Reihenhaus sind das insgesamt 5000 €!

Grafik Fritz Merkle, Zahlen berechnet nach DIN 18599
von M. Sambale, eza-allgaeu.


Anhand der zweiten Grafik sehen Sie den Heizenergieverbrauch („Endenergie“) eines nur nach GEG gebauten Gebäudes im Vergleich zu einem KFW 40 + Haus und einem Passivhaus: Das gleiche Gebäude als KFW 40 + Haus gebaut verbraucht nur knapp 20 % und das Passivhaus weniger als 10 % des GEG-Hauses. Und das über 60, 80 oder gar 100 Jahre! Wenn wir an die zukünftig immer heißeren Sommer denken, dann gilt das auch umgekehrt. Im „besser“ gedämmten Gebäude bleibt es im Sommer auch kühler.  

Hinzu kommt außerdem, dass Ihnen KfW und BAFA inzwischen kräftig unter die Arme greifen, wenn Sie energetisch besser bauen und erneuerbare Energien als Wärmequellen nutzen, also mindestens nach KfW 55 oder besser „40 plus“ bauen. Kredite gibt es zu Traumkonditionen mit hohen Tilgungszuschüssen oder alternativ hohe Zuschüsse, wenn Sie keinen KfW-Kredit aufnehmen wollen.  Seit 1.1.2021 lautet die neue Bezeichnung dafür „BEG“ (Bundesförderung effiziente Gebäude). Auch die steuerliche Absetzbarkeit ist eine neue Alternative. Nicht umsonst kann Solararchitekt Disch in Schallstadt ein Plusenergiehaus bauen (also ein Haus, das mehr Energie erzeugt, als es verbraucht), wobei die Kauf-Preise mit circa 4500 €/m2 günstiger sind, als die Marktpreise in der Region Freiburg.  Vernünftige Wirtschaftlichkeits-Berechnungen beziehen die laufenden Heiz- und Nebenkosten in die Kostenkalkulation mit ein, insbesondere da Kredite derzeit so billig sind. Die Heizkosten haben sich mittlerweile zur 2. Miete erhoben und sie werden weiter ansteigen. Daraus folgt: Wir müssen für die Zukunft planen!

1. Wir müssen bei Neubauten/Neubaugebieten auch im Interesse der Bauherren höhere Standards als den Minimalstandard des GEG verlangen – wo es rechtlich möglich ist und ansonsten anmahnen – und dabei die Bauherren auch gut beraten. Bei der Planung von Neubaugebieten sollten die Möglichkeiten für Klimaneutrale Quartiere und Neubauten immer mit einbezogen werden. Hierfür wird die neue Fachbereichsleiterin des Hochbaus Christiane Ripka eng mit dem neuen Klimaschutzmanager Marcel Herzog** zusammenarbeiten, der auch als erster Ansprechpartner für diese Themen dienen wird.

2. Wir müssen neben der Fortsetzung der Energiekarawane *** Eigentümer und Mieter von Altbauten beraten, dass energetische Sanierungen durch optimale finanzielle Förderung (BEG) und Steigerung von Wohn- und Immobilienwert sowie Senkung der Heizkosten eine Win-Win-Win Situation sind. Ein viertes „Win“ kommt durch den Klimaschutz noch dazu! (s. auch „Klimafreundlich Wohnen“, Programm Stadt Freiburg, Umweltschutzamt). Mehr dazu finden Sie auch auf unserer Homepage:

https://www.klimaschutz-bad-krozingen.de/ „Energetisch sanieren lohnt sich jetzt“

* Uw – Wert: Wärmedurchgangskoeffizient (w steht für window)
** siehe BZ Südlicher Breisgau v. 3.02.21
*** Energiekarawane: von der Stadt finanzierte Beratung von Hauseigentümern vor Ort in Ihrem Haus

Für den AK Klimaschutz und Parents for Future

Fritz Merkle

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